«Vermodern» kommt von «Mother»

Ich begleite Abschiedsfeiern und Begräbnisse auf dem Friedhof einer Schweizer Stadt. Jede Feier ist anders, jede ist berührend, jede ist wichtig.
Von den letzten 60 Abdankungen, die ich begleiten durfte, wurden acht von Frauen geleitet. Davon fünf in reformierter, zwei in katholischer Ausrichtung. Diese Woche durfte ich nun erstmals bei einer konfessionslosen Abdankung dabei sein, die von einer Frau geleitet wurde.
Dass Frauen im öffentlichen Leben und in leitenden Positionen noch unterrepräsentiert sind, ist bekannt, und wir sind auf dem Weg zur Gleichberechtigung.
Mehr Sorgen macht mir die Tatsache, dass in den Inhalten all dieser Feiern keinerlei Weiblichkeit vorkommt. Sie alle bleiben unerwähnt: Maria, Mutter Erde, die Göttin, die Ahnin, die Weisheit, Gaia oder auch Eva.
Zumindest für mich ist das trostlos. Wenn ich «nach Hause» gehe, wie der Tod oft genannt wird, gehe ich nicht zu einem fernen Vater. Ich möchte eine warme, nahe und liebende Mutter!
Niemand denkt etwas Böses, wenn die Pfarrperson sagt, die Urne werde nun «zurück in Gottes Schoss» gegeben. Wir sind blind für diese Verdrehungen, denn wir sind die Kinder eines über mehr als tausend Jahre durchgesetzten und geltenden religiösen Denkkonstrukts, das nicht in Frage gestellt werden durfte.
Doch es ist zentral, ob Gott als Mann oder als Frau gedacht und verkündet wird. Die Verleugnung des Göttlich-Weiblichen bildet die Grundlage für die Missachtung von allem, was weiblich ist. Das Weibliche wieder zu ehren und in unsere Spiritualität einzubinden, heisst das Leben aller Geschöpfe und die Erde zu achten, zu schützen und zu lieben.